03/2024

Werkstattprofis

Reparieren ist nachhaltig

Text: Hartmut Malguth, Fotos: Henriette Malguth

Wenn zwei Brüder in 30 Jahren täglicher Zusammenarbeit noch immer gut miteinander harmonieren, dann kann man das als Erfolgsmodell bezeichnen. Dass Kai und Maik Hütter diese Selbstständigkeit in einer auf dem gemeinsamen Wunschgrundstück selbst erbauten Kfz-Werkstatt praktizieren, ist für sie die Erfüllung eines beruflichen Lebenstraums. Wir besuchen die beiden in ihrer Heimatstadt Meiningen:

Wann ging‘s bei Ihnen in die Selbstständigkeit?
Kai Hütter: Vor beinahe genau 30 Jahren. Einen Tag nach meiner Abschlussprüfung habe ich mich zusammen mit meinem Bruder und meinem Vater, der damals schon Kfz-Meister war, selbständig gemacht.
Wir konnten seinerzeit eine bestehende Werkstatt – etwa 500 m Luftlinie von hier – übernehmen. Der Betrieb war gemietet und erfüllte seinen Zweck, bis wir 2006 dieses Grundstück erwerben konnten. Hier haben wir dann diese Werkstatt nach unseren Vorstellungen gebaut und sind 2007 eingezogen.

Sie befinden sich hier in einer ausgesprochen exponierten Lage.
Maik Hütter: Schon zu Beginn unserer Eigenständigkeit sind wir hier jeden Tag vorbeigefahren. Da haben wir uns gesagt, wenn dieses Grundstück mal zum Verkauf steht, werden wir zugreifen. Das Resultat kann sich – glaube ich – sehen lassen!

Unser Blick fällt auf die gegenüberliegenden Gleise. Kann man bei Ihnen mit der S-Bahn vorfahren?  
Kai Hütter: Fast! Wir sind eine von wenigen Werkstätten in Deutschland, wo die Kundschaft mit der Regionalbahn vorfahren kann, weil sich die Bahnstation direkt vor der Tür befindet. Das nutzen tatsächlich auch viele unserer Kunden. Einige kommen sogar aus Erfurt, geben ihr Fahrzeug hier ab und fahren dann mit der Bahn zurück.
So erklärt sich unser riesiges Einzugsgebiet, das nahezu den kompletten Süden Thüringens umfasst. Zudem halten hier auf beiden Seiten unseres Grundstücks die Busse – von der Verkehrsanbindung geht‘s nicht besser.

Kai Hütter hat sich der Werkstatt verschrieben.

Und dazu noch diese tolle Aussicht... wie und wo sehen Sie Ihren Schwerpunkt?  
Kai Hütter: Eindeutig in der Instandsetzung. Darüber hinaus betreiben wir auch einen Abschleppservice, der uns einen stetigen Nachschub an reparaturbedürftigen Autos gewährleistet. Bis vor einigen Jahren haben wir auch einen Fahrzeugverkauf für die Marke Lada unterhalten. Die Fahrzeuge sind ausgesprochen robust, anspruchslos und aufgrund ihrer Geländegängigkeit insbesondere bei Jägern und in der Land- und Forstwirtschaft sehr beliebt. Diese Kundschaft hält uns bis zum heutigen Tag die Treue.

Ansonsten kommen unsere Kunden tatsächlich überwiegend mit neueren Autos zu uns. Sobald die Garantiezeit abgelaufen ist, wechseln viele von der Marken- in die freie Werkstatt.

Die ehemalige Werkstatt und historische Zeitungsausschnitte dokumentieren die spannende Firmengeschichte von Vater und Söhnen (privat).

Für welchen Bereich sind Sie beide jeweils verantwortlich?
Maik Hütter: Ich kümmere mich um die Serviceannahme, den Kundenbereich und die administrative Abwicklung. Kai ist zuständig für alles, was mit der Werkstatt zu tun hat.

Apropos Team: Wie sind Sie personell aufgestellt?
Maik Hütter: Da würden wir gern noch etwas nachlegen. Wir benötigen Verstärkung, weil unsere Kunden ihre Autos derzeit zwei, drei Jahre länger fahren, solange sie reparabel sind.

Ist das Thema Ausbildung für Sie interessant?  
Maik Hütter: Wir haben in der Vergangenheit stets ausgebildet. Aktuell beschäftigen wir einen Auszubildenden im 3. Ausbildungsjahr. Aber ich hab’s durchgerechnet: Mittlerweile ist er der teuerste Mitarbeiter, weil – selten da und trotzdem gut verdienend!

Kai Hütter: Wenn wir die Garantie bekämen, dass ein gut ausgebildeter Azubi anschließend auch dem Betrieb für eine gewisse Zeit erhalten bleibt, würden wir gern weiterhin junge Leute in die Ausbildung nehmen.

Maik Hütter: Hinzu kommen die Querschläger, die von den hiesigen Politikern ausgehen: Aus einer mit uns kooperierenden Werkstatt haben wir kürzlich gehört, dass dort auch ein talentierter junger Mann mit Migrationshintergrund erfolgreich ausgebildet worden ist. Als die Lehrzeit zu Ende war, wurde er dann abgeschoben und musste das Land verlassen.

Der im Showroom präsentierte LADA sollschon bald Gesellschaft in Form weiterer Gebrauchtwagen bekommen.

Darunter leiden dann natürlich eher die kleinen als die großen Betriebe…
Kai Hütter: Zumal wir hier in einem stark frequentierten Drei-Länder-Eck beheimatet sind, wo sich die von starker Industrie geprägten Bundesländer Bayern und Hessen auch um den Nachwuchs Thüringens bemühen. Wir kennen wirklich sehr viele Menschen, die täglich zur Arbeit von Thüringen nach Hessen oder Bayern fahren.
Man soll’s kaum glauben, aber wir spüren täglich, dass die Zwei-Klassen-Gesellschaft auch 34 Jahre nach der Wende zumindest bei den Gehaltszahlungen noch nicht der Vergangenheit angehört.

Anderes Thema: E-Mobilität…
Kai Hütter: Wird sich aus unserer Sicht auf Dauer nicht durchsetzen! Wir haben zwar die Qualifikation, Service und Räderwechsel an E-Autos durchzuführen, aber wenn ich die Anschaffungskosten fürs Equipment in Relation zu den E-Fahrzeugen in unserer Kundschaft setze, ist die Investition ein reines Zusatzgeschäft. Unseres Wissens existiert hier in Walldorf/Meiningen eine einzige Ladestation. Aus unserem Kundenkreis hat sich nun eine Kundin ein E-Auto zugelegt. Die meisten steigen maximal auf Hybrid um. Schließlich arbeiten und leben wir hier in einer ländlich geprägten Umgebung. In Ballungsgebieten wie München oder Berlin mag die Rechnung ganz anders aussehen.

Gibt es so etwas wie einen Ehrenkodex in Ihrem Betrieb?
Kai Hütter: Ehrlichkeit! Wir sehen uns nicht als Elektronikfreaks, sondern als Instandsetzer. Als unseren größten Erfolg betrachten wir genau die Fahrzeuge, die man woanders schon in den Schrott gegeben hätte, bei uns aber neues Leben eingehaucht bekommen. Das macht uns stolz, ist unser Antrieb und grundsätzlich auch viel nachhaltiger!

Wie beurteilen Sie die Qualität der Neuwagen im Vergleich zu älteren Fahrzeugen?  
Kai Hütter: Unsere Devise: Fahren Sie Ihr Auto, solange die Instandsetzung bezahlbar bleibt. Die Qualität wird trotz stetig steigender Anschaffungskosten fortwährend schlechter. Heute kommen schon Kunden zu uns, deren Auto nach 40.000 gefahrenen Kilometern den ersten Motorschaden aufweist.

Reparieren Sie auch Reisemobile?
Kai Hütter: Dafür reicht unsere Hebetechnik nicht aus. Außerdem braucht es dafür spezielle Kenntnis bei den Einbauten. Schuster, bleib bei deinen Leisten – wir konzentrieren uns daher auf Fahrzeuge bis 3,5 t, deren Elektronik noch überschaubar ist.

Zählen auch Betriebe mit einem größeren Fuhrpark zu Ihren Kunden?
Maik Hütter: Überwiegend Handwerksbetriebe, ja.

Kai Hütter: Der Vorteil bei vielen kleineren Kunden besteht darin, dass man sich keine Sorgen machen muss, wenn sie abwandern. Unserer Bodenständigkeit verdanken wir es, dass mittlerweile schon die Enkel unserer Kunden zu uns kommen – auch dadurch bedingt, dass wir schon 30 Jahre dabei sind! Für viele ist die Werkstatt doch wie ein Besuch beim Arzt – einfach Vertrauenssache!

Wie lange hat der Neubau gedauert?
Kai Hütter: Einige Monate – und fast alles in Eigenregie.

Maik Hütter: Ich habe früher als Baggerfahrer gearbeitet. Da konnte ich die alten Fähigkeiten mal wieder einsetzen.

Kai Hütter: Für den Rohbau hatten wir die Unterstützung professioneller Baufirmen, den Innenausbau und die Technik, Heizung usw. haben wir sukzessiv neben der Werkstattarbeit nach Feierabend und an den Wochenenden alles selbst erledigt. Und noch etwas: Heute ist das Thema wieder in aller Munde, aber 2005 haben wir uns schon dazu entschlossen, für die Energieversorgung auf Luftwärmepumpen zu setzen. Das hat uns zwar 40.000 Euro mehr gekostet, aber bis heute bestimmt schon das Zehnfache eingespart. So verfügt die komplette Werkstatt über eine Fußbodenheizung. Bei uns liegen die Monteure supergern auf dem Boden – immer schön warm.

Nutzen Sie Ihren Showroom noch für den Verkauf von Fahrzeugen?
Maik Hütter: Aktuell steht nur der Lada eines Kunden hier zur Präsentation. Ab 2020 ist der Gebrauchtwagenhandel sehr unrentabel geworden. Da haben wir uns auf Service- und Reparatur-Dienstleistungen spezialisiert. Aber allmählich reguliert sich der Fahrzeugmarkt, und wir denken darüber nach, wieder einzusteigen.  

Wer rastet, der rostet. Auch wenn Sie mit Rost gut umgehen können, schadet es nicht, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Für alle weiteren Vorhaben wünschen wir Ihnen ein glückliches Händchen und weiterhin alles Gute!

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